Der vierte Advent
Früh am Morgen klingelt es an der Haustür. Oma und Opa sind noch im Bademantel.
„Wer kann denn das so früh sein?“ wundert sich Opa und geht zur Tür.
Leo steht dort mit seinem Papa. „Leo konnte es nicht abwarten, zu euch zu kommen. Er hat sich so auf dieses Adventswochenende gefreut.“
„Kannst du mir gleich den vierten Zettel vorlesen?“ bettelt Leo.
„Dann lass uns schauen, was heute auf dem Überraschungszettel steht: Heute hast du einen besonderen Wunsch frei“, liest Opa vor. „Zum Beispiel: Besuch im Kino, Zoo oder im Schwimmbad.“
Leo muss nicht überlegen. „Super! Im Zoo war ich so lange nicht mehr. Und das Elefantenjunge habe ich auch noch nicht gesehen. Können wir gleich los Oma?“
„Nun mal mit der Ruhe. Ich bin doch kein Schnellzug. Außerdem müssen wir noch frühstücken. Danach kann es losgehen.“
Nach einem leckeren Frühstück macht sich Oma mit Leo auf den Weg. Opa will endlich seinen Schreibtisch aufräumen und bleibt zu Hause.
„Fahren wir mit dem Auto oder mit der Bahn?“ fragt Leo.
„Lass uns die Straßenbahn nehmen. Das ist bequemer für mich“, antwortet Oma.
Als sie an der Haltestelle aussteigen und die Straße zum Zoo überqueren wollen, hält ein grüner Bulli mit einem großen offenen Anhänger vor ihnen.
Eine junge Frau öffnet das Fenster und fragt: „Könnt ihr zufällig noch einen Tannenbaum gebrauchen? Top Bio-Qualität. Und trotzdem will ihn niemand haben, weil er so klein und auch ein wenig krumm ist.“
Oma überlegt kurz. „Das ist aber ein nettes Angebot. Doch wir haben schon einen Baum in der Eifel gekauft.“
„Ich kann den Baum gebrauchen“, sagt Leo. „Unser Nachbar Peter – der mit dem alten Dackel – hat mir gestern gesagt, dass er in diesem Jahr keinen Baum kaufen will. Die wären ihm viel zu teuer. Und das Schmücken strengt ihn zu sehr an mit seinen kaputten Fingern. Darf ich den Baum für Peter mitnehmen“, fragt Leo.
„Was sollen wir mit dem Baum im Zoo?“ will Oma wissen.
„Dann gehen wir heute eben nicht in den Zoo. Wir bringen den Baum nach Hause und schmücken ihn für Peter und seinen Dackel.“
Oma lässt sich tatsächlich auf Leos Vorschlag ein. Der Baum ist wirklich so winzig, dass die beiden ihn ohne Probleme in der Bahn transportieren können.
Zu Hause angekommen, wird direkt die Weihnachtskiste vom Dachboden geholt.
Leo darf das Bäumchen ganz allein schmücken. Er gibt sich viel Mühe. Der alte Nachbar ist immer so nett zu ihm. Manchmal darf er sogar den Dackel Bautz füttern.
Es wird schon dunkel als Leo den Baum fertig geschmückt hat.
„Der sieht aber richtig festlich aus“, lobt Opa.
Am späten Abend schleichen Leo und Opa durch den Hof zu Peters Haus. Sie stellen den Baum vor die Tür. Dann klingeln Sie und verstecken sich hinter dem alten Schuppen. Zuerst hören Sie Bautz und sein aufgeregtes Bellen. Dann geht die Außenlampe an, und Peter steckt den Kopf durch die Tür. Er blinzelt und kann seinen Augen kaum trauen.
„Bautz, ein Wunder ist geschehen. Wir haben einen Weihnachtsbaum. Wer uns wohl dieses Geschenk gemacht hat? Jetzt kann Weihnachten kommen.“ Peter steht die Freude ins Gesicht geschrieben und Leo und Opa auch.
Als sie sich leise davonschleichen sagt Opa: „Ich glaube, das ist die größte Überraschung, die Peter dieses Jahr bekommen hat. Wie schön, dass du an ihn gedacht hast.“
IO, Januar 22
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2022/24