„Heute machen wir einen Ausflug zur Zwergenhöhle“, sagt Oma und zieht sich ihre Wanderschuhe an.
Opa schnappt sich seinen Rucksack. Darin sind Getränke für die Wanderung und bestimmt was ganz Leckeres für ein Picknick.
„Leben da noch echte Zwerge?“, will Leo wissen.
„Nein. Die sind schon lange fort. Aber ihre Höhle gibt es noch“.
Leo wandert mit Opa und Oma durch das Strundetal.
Er ist ganz in Gedanken. Viele Fragen schwirren durch seinen Kopf.
„Hatten die Zwerge auch eine Kita?“
Darauf hat Opa keine Antwort. Oma auch nicht.
„Die Geschichte von den Zwergen ist ja nur eine Sage. Man sagt, dass sie in der Grube gelebt haben. Ob die Geschichte wahr ist, weiß Keiner. Es ist schon viel zu lange her, dass sie in der Grube gelebt haben sollen.“
„Hatten die Zwerge auch ein Klo?“ ist Leos nächste Frage.
„Ich denke schon“, sagt Opa, „aber wie das Klo aussah, kann ich dir nicht sagen. Vielleicht haben sie eine Grube gegraben. Sicher sah ihr Klo nicht so aus wie unseres.“
Leo fallen immer neue Fragen ein. Dabei fällt ihm gar nicht auf, wie weit der Weg ist.
Oft fragt er auf Wanderwegen, wie lange er denn noch laufen muss. Oft sagt er auch, „Ich kann nicht mehr“.
Heute ist es anders. Selbst als die Drei auf einen ziemlich steilen Hügel klettern, rennt Leo vorneweg.
Endlich haben sie den Eingang der Höhle erreicht.
Leo ist enttäuscht, dass sie verschlossen ist.
„Ich habe im Internet gelesen, dass die Höhle immer für Besucher geschlossen ist. Nur Fledermäuse dürfen rein. Sie sollen hier in aller Ruhe überwintern. Kein Mensch soll sie stören“, erklärt Oma.
„Ich bin doch ganz leise“, sagt Leo.
Aber der Eingang ist und bleibt verschlossen.
„Vielleicht wären dir die vielen Fledermäuse auch unheimlich.
Die Gänge ziehen sich ganz tief in den Berg hinein.
Es geht durch lange, enge, niedrige Gänge und Nischen hin zu den Höhlen.“
Leo will wissen, was die Zwerge denn alles gemacht haben.
„Tagsüber waren sie wohl beschäftigt, Nahrung im Wald zu suchen, wie zum Beispiel Beeren.
Aber sicher haben Sie auch Tiere gejagt, um sich mit den Fellen warm zu halten.
Und nachts haben sie sich aus ihrer Höhle herausgewagt und sind leise ins Dorf geschlichen.
Sie mochten besonders die alten Leute dort, erzählt man sich.
Und sie waren bienenfleißige Kerle, die den Alten die Töpfe putzten und nachts das Vieh hüteten.
Für einen Schumacher sollen sie sogar in der Nacht Schuhe gemacht haben. Der Schumacher war natürlich sehr froh, dass seine Arbeit schon fertig war, wenn er morgens in seine Werkstatt kam.
Er überlegte sich, wie er den Zwergen danken könnte.
Dann hatte er einen guten Einfall.
Er machte ein paar kleine Zwergenstiefel und stellte sie in seine Werkstatt.
Einer der Zwerge kam wie jeden Abend, um dem Schuster zu helfen. Als er die kleine Zwergenstiefel sah, nahm er sie mit und kam nie wieder.“
„Wie schade“, sagt Leo, „ich hätte die Zwerge gerne noch getroffen.
Aber bei den Heinzelmännchen in Köln war das auch so ähnlich. Papa hat mir die Geschichte vorgelesen.
Sie sind auch ganz plötzlich verschwunden. Die Frau vom Schneider war zu neugierig.
Sie wollte die fleißigen Helfer unbedingt sehen. Sie hat Erbsen auf die Treppe gelegt.
Und dann hat die Schneidersfrau sie gesehen. Die Armen sind die Treppe runtergepurzelt und dann für immer abgehauen.“
Die Sage von den Heinzelmännchen kennen Oma und Opa auch. „Ja, das sind wunderbare Erzählungen. Man weiß aber nicht, ob sie wirklich passiert sind. Sie sind jedenfalls ganz besonders“, sagt Opa.
„Wie schade, dass es die Heinzelmännchen und Zwerge nicht mehr gibt. Sonst könnten sie mir helfen, mein Zimmer aufzuräumen“.
Auch beim Picknick ist Leo noch bei den Zwergen.
Es fallen ihm immer wieder neue Fragen ein.
„Ob sie wohl noch kleiner waren als das Baby ihrer Nachbarn?
Ob die Fledermäuse die Kinder von den Zwergen sind?
Ob sie wohl auch so fleißig wie die Zwerge sind?“
„Eins haben sie auf jeden Fall gemeinsam mit den Zwergen.
Sie kommen erst aus ihrer Höhle raus, wenn es dunkel wird.“
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2022/24